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Change-Prozess = Beteiligungsmanagement

In unserem Verständnis kann man Change-Management gewissermaßen auch mit Beteiligungs-Management gleichsetzen. Beteiligung fängt bereits bei der reinen Vermittlung von Information ohne Rückmeldung an: Also keine partizipativen Ansätze, sondern das reine „Mitteilen“ von Entscheidungen und Informationen (herkömmlicherweise auch Kommunikation genannt). Die Intensität kann schrittweise erhöht werden bis hin zu „die Betroffenen können über die Lösung entscheiden“.

edited by Dr. Georg Wolfgang
Jahr 2015

Diese Abstufung und die damit verbundene Klarheit, welches Beteiligungssetting welche Intensität bedienen soll, ist aus unserer Sicht ein erfolgsentscheidendes Kriterium für Veränderungsprozesse. Sowohl bei den Betroffenen selbst, als auch bei den „Machern“, also den Projektleuten, den Auftraggebern sowie den (umsetzenden) Führungskräften. Neben der Intensität von Beteiligung ist aber auch das „Beteiligungsobjekt“ wichtig: Wenn die inhaltlich / fachliche Lösung bereits bis ins letzte Detail beschrieben ist (und fatalerweise wird oft erst zu diesem Zeitpunkt der Change-Manager eingebunden) ist Beteiligung schwer und man kann eigentlich nur noch Akzeptanz für die Lösung ohne jegliche Beeinflussungsmöglichkeit herstellen. Dies ist ungemein schwer, wenn die Betroffenen ein ehrliches Interesse daran haben, mitgestalten zu können oder „wenigstens gerne gefragt“ werden würden. Eine Phrase, die wir übrigens oft als Anliegen hören.

Beteiligung ist wichtig und wird auch oft explizit eingefordert. Jeder Manager, der etwas auf sich hält und die gängige Fachliteratur studiert und / oder Führungsseminare besucht hat, wird dies bestätigen. Und dennoch fällt das ernsthafte Beteiligen in Change-Prozessen scheinbar unverhältnismäßig schwer. Unsere Erfahrung zeigt, dass Beteiligung oft eingefordert und postuliert, in der Realität jedoch unzureichend umgesetzt wird.

Doch woran kann das liegen? Wir begeben uns auf die Suche nach möglichen Ursachen (ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit, by the way). Hierfür nehmen wir uns potenzielle Antworten vor, die eine zur Umsetzung eines Veränderungsprozesses beauftragte Führungskraft – vielleicht nach ein paar Gläsern Wein – geben könnte.

Also, liebe Führungskraft: Sie denken, Beteiligung sei wichtig und dennoch binden Sie Ihre MitarbeiterInnen nicht aktiv ein. Woran liegt das eigentlich?

Ich wurde selbst nicht gefragt!

Eine spannende Erkenntnis steckt hinter dieser Aussage. Auch die (Sandwich-) Führungskräfte haben das Bedürfnis danach, in Change-Prozesse eingebunden zu werden. Wird dieses Anliegen nicht bedient, so kann Widerstand entstehen. Im Gegensatz zu einer Mitarbeiterin / einem Mitarbeiter kann das Unternehmen durchaus hohe unternehmerische Anforderungen an die Führungskraft stellen. Nämlich die, die Interessen des Unternehmens – also Umsetzung der Veränderung – mögen bitte vorrangig gegenüber den individuellen Interessen bedient werden. Daher gibt es zumindest den impliziten Auftrag „nicht rumzuzicken“, sondern das Thema umzusetzen.

Die Folge ist ein Loyalitätskonflikt der Führungskraft, das Gefühl ausgeschlossen zu sein und fehlender Umsetzungserfolg bei der Führungskraft, den Mitarbeitern und der gesamten Organisation.

Die (an sich triviale) Erkenntnis für uns Change-Manager: Wir sollten die Anliegen der mittleren Führungsebenen besonders im Blick halten und diese Interessensgruppe nicht nur bei der Stakeholderanalyse oder in der RoadMap adressieren. Es geht vielmehr darum, die Beteiligung an der Lösungsentwicklung systematisch bei dieser Ebene zu verankern und gleichzeitig die Umsetzungserwartungen von Anfang an klar zu formulieren.

Ich weiß doch von nichts!

Hier haben wir eine ähnliche Aussage, wollen diese jedoch anders interpretieren. Wir folgen einer neuen These:

  • Es geht in diesem Fall nicht um die eigene Einbindung, sondern um den geringen Umfang an Informationen zum Veränderungsvorhaben.
  • Dieser Umstand schließt eine Beteiligung des Teams per se nicht aus. Auch wenn die Beteiligung an den Inhalten nicht umfangreich möglich ist, kann sich die Führungskraft am Prozess beteiligen. Hierbei geht es vor allem darum, Räume zu schaffen für den Austausch zur Stimmungslage, Gerüchten, Hoffnungen oder Sorgen.
  • Der eigentliche Hinderungsgrund kann an inneren Glaubenssätzen von „guter Führung“ liegen, wie beispielsweise „ich als Führungskraft muss immer eine Antwort haben“. Solch ein Glaubenssatz kann im Change-Prozess in der Konsequenz dazu führen, dass Fragen erst gar nicht gestellt werden.

Als Ableitung sollten Change-Manager darauf achten, dass solche Glaubenssätze der einzelnen Führungskraft – auch unbewusst – im Wege stehen können. Beteiligungsräume so früh wie möglich einfordern erfordert demnach auch, den Rücken der Führungskraft zu stärken. Reflexionsmöglichkeiten zur eigenen Rolle und den inneren Regeln sind hierbei sicherlich nicht hinderlich… Im Gegenteil!

Damit verunsichere ich nur meine Leute.

Ein typischer Irrglaube. Folgende Situation: Eine Veränderung ist im Unternehmen bereits spürbar und die Gerüchte häufen sich. Die MitarbeiterInnen sprechen über die Veränderung und spekulieren darüber, wie es weitergehen könnte. Die MitarbeiterInnen sind davon betroffen und das Thema geht nicht spurlos an ihnen vorbei. Es besteht also der Bedarf, sich zumindest austauschen zu können und den Sorgen, Ängsten, aber auch Hoffnungen und Erwartungen Luft zu machen. Und doch schrecken viele Führungskräfte davor zurück, Diskussionsräume zu öffnen und entsprechende Fragen zu stellen. In diesem Fall müsste man auch aktiv mit Äußerungen umgehen und schnell wird aus dem Beteiligungsmanagement ein Bedürfnismanagement. Fühlt sich die Führungskraft unsicher mit solch einer Situation? Es ist vermeintlich leichter, Zahlen und Listen zu managen, als Emotionen und Bedürfnisse. Und doch ist genau dies die Anforderung an eine moderne Führungskraft.

Change-Manager sollten demnach den Führungskräften Handwerkszeug an die Hand geben, um im Change-Prozess mit unterschiedlichen Bedürfnissen und Betroffenheiten umgehen zu können. Zudem kann es hilfreich sein, geschützte Räume zu schaffen, in denen Führungskräfte Erfahrungen in dieser Thematik sammeln können. Hier ist zum Beispiel ein Setting mit dem eigenen Team und externer Moderation hilfreich, gegebenenfalls auch mit dem/der jeweiligen Vorgesetzten.

Wir haben leider keine Zeit für Beteiligung.

Bei dieser Aussage kann man antworten: Zu kurz gedacht. Natürlich ist Zeit ein wichtiger Faktor und Beteiligung braucht tatsächlich Zeit. Jedoch muss man hier den Aufwand dem Nutzen gegenüberstellen. Oft wird im Change-Prozess nur die Zeit bis zur Einführung der Veränderung gerechnet. Unterschlagen wird jedoch der Zeitraum ab „go live“ bis die Veränderung in eine neue Wirklichkeit umgesetzt wird. Hier entstehen die meisten Reibungsverluste durch fehlende Einbindung: Empörung und Widerstand, Machtspiele, inhaltliche Schleifen, zusätzliche Abstimmungs- und Überzeugungsrunden, Unsicherheit bei den Betroffenen, Abgänge der kompetenten (und bei anderen Unternehmen gefragten) MitarbeiterInnen. Wir sprechen daher von einer Produktivitätsvermutung: Die Zeit, die im Rahmen der Klärung und Lösungsentwicklung investiert wird, zahlt sich bei komplexen Vorhaben auf dem Weg hin zur neuen, umgesetzten Wirklichkeit locker aus. Auch wenn „go live“ erst später stattfindet, ist der Weg bis zur tatsächlichen Umsetzung leichter zu beschreiten. Produktivitätsvermutung heißt aber auch, dass man diesen Mehrwert schwer messen kann. Man muss also daran glauben, dass sich die Beteiligung am Ende auszahlt.

Für einen Change-Manager heißt es also, die handelnden Personen mit dieser Produktivitätsvermutung in Kontakt zu bringen. Es reicht nicht, dass der Change-Manager daran glaubt. Vielmehr braucht es die volle Akzeptanz der Hauptverantwortlichen, um auch bei Gegenwind („das könnten wir doch in einem kleinen Team viel schneller hinbekommen“) standhaft zu bleiben und die richtigen Interventionen setzen zu können. Der Schlüssel für solch eine Akzeptanz ist oftmals die Erfahrung der bisherigen Change-Prozesse ohne entsprechende Einbindung. Reflektiert man diese, wird aus der Produktivitätsvermutung schnell ein fester Glaube, dass Beteiligung notwendig und effizienzsteigernd ist.

Abschließend wollen wir uns bei unserer imaginären Führungskraft für die Offenheit bedanken. Wir werden weiter dafür sorgen, dass Stakeholder offen, frühzeitig und in der angemessenen Intensität beteiligt werden. Mit der Zielsetzung, nicht nur schöne Konzepte, sondern nachhaltige und wirksame Lösungen zu implementieren.

Der Autor

Dr. Georg Wolfgang

 CEO Culturizer GmbH