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Seit 1959 ist das Mental Research Institute (MRI) in Palo Alto, Kalifornien, als eine der führenden Quellen und als die Geburtsstätte der Systemischen Therapie und Beratung bekannt. Viele Entwicklungen bedeutender Familientherapeuten und Systemiker nahmen dort ihren Anfang (Virginia Satir, Jay Haley, Mara Selvini-Palazzoli, Paul Watzlawick), ausgehend vom „Problemlösenden Modell”, das Don Jackson, Gregory, Bateson, John Weakland und Richard Fisch am MRI entwickelten.
edited by Bettina Riedel
Jahr 2014
Wer ist der Klient? Entgegen der Auffassung, dass systemische Therapie nur in Anwesenheit des gesamten Bezugssystems stattfinden könne, entsteht am MRI die Idee, dass sich Beziehungen auch durch Veränderungen der Interaktionsbeiträge einer einzelnen Person effektiv verändern können. Derjenige, der in einem System am meisten leidet, ist häufig auch derjenige, der am ehesten die Motivation für eine Veränderung mitbringt und durch Veränderungen seiner Interaktionsbeiträge die Bezugspersonen zu Veränderungen anregen kann.
Die Problemsicht des Klienten: Ging man bisher davon aus, dass der Therapeut das Problem eines Klienten durch tiefenpsychologische Analysen ergründen kann, ging man am MRI davon aus, dass das Problem der Klage des Klienten entspricht. Die Erklärungen des Klienten für sein Problem und seine Wertvorstellungen zeigen dem Therapeuten die Welt des Klienten und die Sprache seiner Lösungen.
Eine wesentliche Prämisse im strategischen Modell des MRI ist, dass sich die Dinge nicht über Nacht, sondern nur Schritt für Schritt verändern lassen. Klienten werden gefragt, woran sie an ihrem konkreten Verhalten erkennen würden, dass sich kleine Schritte der Veränderung abzeichnen; erwünschtes Verhalten wird also beschrieben, und nicht als Ausbleiben des unerwünschten Verhaltens. Das gibt dem Therapeuten die Sprache vor, die er bei der Formulierung seiner Interventionen zu wählen hat.
In der Entwicklung dieser Ansätze spielen drei Namen eine herausragende Rolle: Gregory Bateson, Paul Watzlawik und Steve de Shazer.
Gregory Bateson (1904 – 1980)
Gregory Bateson, Quelle: Wikipedia
Bateson war (wie Heinz von Foerster, Warren McCulloch, Norbert Wiener, John von Neumann, Margaret Mead u.v.a.) Teilnehmer der interdisziplinären Macy-Konferenzen, die in den 40er Jahren lustvoll die Grundlagen der Kybernetik legten. Bateson ist nicht nur Ideenlieferant der Familientherapie, u.a. Entdecker des „double bind” (Beispiel: Mutter befiehlt dem Sohn: „Sei endlich selbständig!“), sondern darüber hinaus Mitbegründer der ökologischen oder ökosystemischen Sicht von Lebensprozessen.
Metakommunikation: 1951 publizierte Bateson seine Theorie der Kommunikation. Eine wichtige Erkenntnis bestand darin, dass Kommunikation sich notwendigerweise stets auf mehreren Ebenen zugleich ereignet. Neben den „Botschaften” werden stets Beziehungssignale erwartet, ausgetauscht und verarbeitet. Das Wissen um Sympathie, Vertrauen sowie deren Gegenpole ist von vordringlichem Interesse.
Paradoxien in der Kommunikation: Bateson beschreibt in seiner berühmten Double-bind-Theorie von 1956 Schizophrenie als Resultat von paradoxer Kommunikation und nicht als „intrinsisch” (d.h. irgendwie „von innen”). Sein Beispiel ist, wenn man etwa eine Liebeserklärung ausspricht und gleichzeitig die Arme verschränkt hält. Besonders unter emotionaler Abhängigkeit geraten wir in „Beziehungsfallen”, wo dann jedes Verhalten als falsch ausgelegt werden kann. Gehe ich z.B. mit einem Problem zu meinem Kollegen, wird es vielleicht als Schwäche ausgelegt, brüte ich es selber aus, werde ich als nicht hinreichend teamfähig bezeichnet. Dabei sind solche double-binds nicht nur im Zusammenhang mit Schizophrenie zu sehen, sondern alltägliche Erfahrungen in jeder bedeutsamen Beziehung.
Paul Watzlawik (1921 – 2007)
Paul Watzlawik, Quelle: Wikimedia Commons
Paul Watzlawick hat als Mitglied des Mental Research Instituts und Professor für Psychotherapie gut lesbare Bücher zum Thema Kommunikation geschrieben und für ein breites Publikum verstehbar gemacht. Seine 5 Axiome der Kommunikation sind seit den 80er Jahren aus Kommunikations-Seminaren nicht mehr wegzudenken.
„Anleitung zum Unglücklichsein” Paul Watzlawick hat mit seiner „Anleitung zum Unglücklichsein” einen Millionenbestseller geschrieben – was den Schluss zulässt, dass Leiden ziemlich schön sein muss. Anders als gängige „Glücksanleitungen” führen Watzlawicks Geschichten uns vor Augen, was wir täglich gegen unser mögliches Glück tun. Berühmt wurde die Geschichte mit dem Hammer.
Paul Watzlawik (1921 – 2007)
Steve de Shazer, Quelle: Wikimedia
Solution focused therapy (SFT): „Wir können verstehen, was besser heißt, ohne zu wissen, was gut heißt.” Der Schwerpunkt dieses Ansatzes, den Steve de Shazer am Institut des “Brief Family Therapy Center” in Milwaukee in den Siebziger Jahren entwickelt hat, liegt auf Zukunfts- und Ressourcenorientierung, sowie auf Handlungen anstatt auf inneren Prozessen. Sein Vorgehen hat viele Therapeuten und Familientherapeuten beeindruckt. Legendär (und immer wieder erzählt) war vor allem sein unerschütterlicher Glaube an die Ressourcen seiner Klienten.SFT ist eine Gesprächsmethode, bei der das Ziel der Gesprächsführung die Vermittlung von lösenden Erfahrungen ist. Die Begleitung des Prozesses beinhaltet dabei mehr, als nur Lösungen zu konstruieren. Es geht darum, dem Coachee zu helfen, in Kontakt zu seinen Fähigkeiten und seiner Lösung zu kommen – ihn also vom Problembewusstsein in das Lösungsbewusstsein zu führen.Steve de Shazer und sein Team entwarfen für ihre Klienten vor der ersten Therapiesitzung eine sogenannte „Standardaufgabe”, die in dem Auftrag bestand, möglichst detaillierte Antworten zu finden auf die Fragen „Was ist im Moment gut?” und „Was kann so bleiben und sollte nicht durch unsere gemeinsame Arbeit verändert werden?“Zu ihrem Erstaunen berichteten ihre Klienten in der ersten Sitzung von wesentlichen Verbesserungen. Daraus schlossen sie, dass wir um Hilfe für eine Veränderung geben zu können, das Problem nicht mal kennen müssen. Diese Erkenntnis war der Auslöser für eine Vielzahl von neuen Methoden, die zur Konstruktion von Lösungen beitrugen. Hier erfolgte der Paradigmenwechsel für die Beratung: Weg von der Problemanalyse – hin zum Auffinden von Lösungen.
Solutions Focus
Gregory Bateson, Quelle: Wikipedia
Die Suche nach Lösungen für persönliche wie organisatorische Themen hat zu Methoden geführt, die speziell auf betriebliche Kontexte zugeschnitten waren. Paul Jacksons SolutionsFocus-Ansatz ist eine, mit der wir ComTeamer häufig arbeiten. Sie verfolgt exemplarisch die drei Grundprinzipien der Lösungsfokussierung:
Eine kurze und übersichtliche Zusammenfassung der Lösungsfokussierten Beratung gibt es im Lexikonteil von [ManagerSeminare. Im deutschsprachigen Bereich hat Peter Röhrig 2010 die „Solution Tools. Die 60 besten sofort einsetzbaren Workshop-Interventionen mit dem Solution-Focus” herausgegeben.
Schulz von Thuns Kommunikationsquadrat
Friedemann Schulz von Thun, Quelle: http://schulz-von-thun.de
Die gebräuchlichste Darstellung von Batesons und Watzlawiks Mehrdimensionalität von Kommunikation lieferte Friedemann Schulz von Thun, der zahllose Trainer und Berater mit seinen Kommunikationsmodellen ausstattete. Heute ist z.B. „Vier Seiten der Kommunikation” aus kaum einem Gesprächstraining wegzudenken.
Friedemann Schulz von Thun, Quelle: http://schulz-von-thun.de
Vier-Seiten-Modell – Neurolinguistisches Programmieren (NLP)
Batesons Beziehungsaspekt von Kommunikation führte in den 70er Jahren mit zur Begründung des „Neurolinguistischen Programmierens” (NLP) durch John Grinder und Richard Bandler. Grinder war zeitweilig Assistent Batesons am Kresge College in Santa Cruz. Bandlers und Grinders „Struktur der Magie” ̧ erschien 1975 und wurde damals von Bateson in seinem Vorwort zum Buch begrüßt – erhoffte er sich doch dadurch die Fortführung seiner eigenen kommunikationstheoretischen Studien. Allerdings hielt diese Freude nicht lange an: Später distanzierte sich Bateson scharf von dem Ansatz, den er als „pragmatistisch” und „teuflisch manipulativ” charakterisierte.
Unabhängig davon ist NLP zu einer weltweit verbreiteten Gesprächsmethodik geworden, die nicht nur im therapeutischen Bereich, sondern auch im Coaching von Vielen erfolgreich angewandt wird.
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