Resiliente Unternehmenskultur

Organisationale Resilienz entwickeln
Resilienz steht für die Fähigkeit von Individuen und auch Systemen, herausfordernde Situationen erfolgreich zu meistern und gestärkt daraus hervorzugehen. Damit ist deutlich, dass für die Bewältigung von allen Veränderungsprozessen Resilienz notwendig ist. Und dies nicht nur auf der individuellen, sondern auch auf der kollektiven Ebene, also im Gesamtunternehmen, in den Bereichen und den Abteilungen. Egal, ob es um Reorganisation oder Zusammenlegungen geht, um die Neuausrichtungen von Teams, um die Klärung latenter Konflikte innerhalb eines Managementteams, um die Einführung agiler Arbeitsprozesse, die sich auf unteren Ebenen manifestieren – all diese Themen betreffen die Unternehmenskultur, das „Wie“, das Miteinander.

In vielen Organisationen zeigen sich die Folgen von zu vielen und kräftezehrenden Veränderungsprozessen auch in sinkender Vitalität und abnehmendem Engagement der Mitarbeiter. Erschöpfung und Überlastung können an vielen Indikatoren abgelesen werden: Fehlzeiten steigen an, Führungskräfte und Mitarbeiter werden dünnhäutiger und Konflikte treten verstärkt auf; das Denken in Bereichsgrenzen nimmt zu. Diese Indikatoren sind sicherlich von Fall zu Fall genau zu überprüfen, sollten aber als deutliche Warnsignale aufmerken lassen.

Diese beschriebenen Indikatoren sind häufig genau das Gegenteil davon, was sich die Unternehmensspitze in Zeiten ständigen Wandels wünscht und fordert und was ganz objektiv nötig ist. Es entsteht eine Diskrepanz zwischen dem Ruf nach mutigen und unternehmerisch denkenden Führungskräften auf der einen Seite und den beschriebenen Auswirkungen von kräftezehrenden Veränderungsprozessen auf die Menschen andererseits. Die Ursache für dieses Phänomen ist niemals nur in den Personen zu finden.

Die beschriebenen Symptome tauchen nicht deswegen auf, weil die MitarbeiterInnen nicht belastbar genug sind. Sie tauchen auf, weil zum einen die Herausforderungen einer volatilen, unsichereren, komplexen und mehrdeutigen Arbeitswelt (Stichwort VUCA) immer mehr Menschen an und über ihre Grenzen bringt, und dies trotz individuell hoher Belastbarkeit. Sie tauchen aber auch auf, weil manche Unternehmenskulturen eine regelmäßige Überlastung kulturell zulassen und damit sozusagen noch eine Schippe Kohlen mehr aufs Feuer legen.

Wer um halb sechs in den Feierabend geht und von Kollegen oder Vorgesetzten Blicke oder Kommentare erntet, ob man etwa einen halben Tag frei habe, der kann auf Dauer nur schwer seine Leistungsfähigkeit durch gesundes Engagement aufrecht erhalten. Dazu kann man einwenden, dass solche Phänomene lediglich „Sprüche“ sind, die natürlich nicht ernst zunehmen seien, es stellt sich aber dringend die Frage, welche Glaubenssätze oder welches Selbstverständnis aus solchen kulturellen Phänomenen sprechen …

Dieses Dilemma, einerseits auf sich zu achten und sich andererseits kulturkonform zu verhalten, können die Führungskräfte nicht alleine lösen. Sie können für ihre persönliche Resilienz sorgen und im Unternehmenskontext ist es darüber hinaus unabdingbar wichtig, miteinander zu klären und zu erarbeiten, wie eine resiliente Unternehmenskultur entstehen, wieder hergestellt oder weiter ausgebaut werden kann. Individuelle Resilienz plus resiliente Unternehmenskultur sind die beiden notwendigen und in Kombination äußerst wirksamen Interventionsebenen.

Mit Blick auf eine resiliente Unternehmenskultur sind folgende Themen von Relevanz:

1. Verhaltensmuster verstehen und weiterentwickeln:

Werden Sie sich geltender Kulturregeln bewusst und justieren Sie nach. Eine Voraussetzung für Kulturentwicklung ist, zunächst die unbewussten- oder halbbewussten kulturellen Regeln ins Bewusstsein zu heben. Nur wenn ein Team, eine Organisation sich bewusst wird, welche solcher Gewohnheiten und Gepflogenheiten resilienzfördernd und welche begrenzend sind, kann sie gezielt die Resilienz des Systems aufrechterhalten.

2. Achtsamkeit – Frühwarnsignale wahrnehmen:

Lernen Sie zu erkennen, wenn Sie nicht mehr aus der Komfortzone agieren, sondern aus einem Stress-Automatismus. Typisch für Kulturentwicklung ist: Das Abweichen vom Ziel, von der resilienten Unternehmenskultur wird erst dann offenbar, wenn man im Gegenteil landet, also wenn es knirscht im Miteinander. Beispiel: Bei der vielbeschworene Arbeit an der Vertrauenskultur wird erst dann interveniert und nachjustiert, wenn man im kulturell im Gegenteil angekommen ist, sich also eine regelrechte Misstrauenskultur entwickelt hat. Deswegen tut ein Team, eine Organisation gut daran, in enger Taktung den kulturellen Kompass dahingehend zu überprüfen, ob das Schiff noch in die richtige Richtung fährt und dabei genau auf Signale für eine potenzielle Kursabweichung achtet.

3. Akzeptanz und Selbstannahme – bewusst durch Verarbeitungsphasen von Veränderungen führen:

Um als Team und als Organisation stabil und ausreichend flexibel auch schwierige und herausfordernde Zeiten zu bewältigen, ist eine wichtige Versuchung im Blick zu behalten: Wie leicht bleibt man im Betrauern dessen, was man so nicht haben wollte, stecken. Wie leicht verwendet man viel Energie darauf, sich darüber zu ärgern, es nicht wahrhaben zu wollen, zu analysieren, wie es zu diesem unerwünschten Zustand kommen konnte. Das alles ist verständlich, dabei geht jedoch oft der wichtige nachfolgende Schritt verloren. Erst durch das Akzeptieren der bestehenden Situation (ganz gleich wodurch sie entstanden ist), ist es möglich, die Kräfte für die notwendigen Schritte nach vorn zu mobilisieren. Nach dem Motto: „Ja, es ist ärgerlich/frustrierend/betrüblich usw. UND wir gehen damit nun folgendermaßen um …“

4. Selbstwirksamkeit erleben – Handlungsmöglichkeiten und Gestaltungsspielräume ausloten:

Ein bekanntermaßen großer Stressor und damit Resilienz schwächender Faktor sind Ohnmachtsgefühle. Wie im Individuellen sind auch Teams und Organisationen geschwächt, wenn sie das Gefühl haben, keinen Handlungsspieraum mehr zu haben, einer Situation ausgeliefert zu sein. Der Schlüssel zur Resilienz wiederum liegt in dem Blick auf das, was man gestalten kann; dies kann man lernen, individuell und im System. Ein solches Ausloten von Handlungsmöglichkeiten und Gestaltungsspielräumen stärkt die Resilienz von Teams und Organisationen.

Wie kann nun ein Team oder eine Organisation an seiner Resilienz arbeiten?

Wichtig ist, dass diese Arbeit dialogisch erfolgt und ein regelmäßiger Prozess wird. Für den Einstieg in den Prozess bietet sich ein Teamworkshop an, welcher gemäß der oben genannten Punkte folgende Schritte beinhaltet:

1. Verhaltensmuster verstehen und weiterentwickeln:

Blick in die Biografie des Teams, der Organisation: Welche Ereignisse in der Vergangenheit haben die Ausprägung welcher Werte hervorgerufen? Auf welchen Werten als Ressource ruht die Organisation? Nach welchen informellen Regeln agiert und interagieren wir? Worauf können wir uns erwiesenermaßen verlassen, wenn es eng wird?

2. Achtsamkeit – Frühwarnsignale wahrnehmen:

Herausarbeiten der typischen Anzeichen und Verhaltensmuster der Organisation im Stress. Welche waren in der Vergangenheit beobachtbar? Woran merken wir, dass wir (der/die anderen) unter Druck sind und als Team nur noch im Autopilot-Modus fahren? Welche Frühwarnindikatoren lassen sich daraus ableiten? Wie sorgen wir dafür, dass wir diese Frühwarnindikatoren regelmäßig im Blick halten?

3. Akzeptanz und Selbstannahme:

Nützliche Instrumente in den Reaktionsphasen im Change einsetzen, wie zum Beispiel die 4-Zimmer-Wohnung. Sie helfen die gute Funktion der einzelnen Phasen anzuerkennen. Ein Austausch darüber, wie es gelungen ist, in der Vergangenheit schwierige Zeiten zu bewältigen und was die Teammitglieder brauchen, um in ein nächstes Zimmer gehen zu können, sorgen für Lösungsorientierung. Indem man Vereinbarungen darüber trifft, wie man als Team mit einer herausfordernden Situation umgehen will, wird nicht nur Akzeptanz geschaffen, sondern das Team kommt aus dem Reagieren wieder ins Agieren.

4. Selbstwirksamkeit erlebbar machen:

Beleuchten typischer Dilemmata in Belastungssituationen von Teams. Einnehmen von Einerseits-andererseits Blickwinkeln. Beispiel: Wunsch nach Mitgestalten versus vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Bestreben, sich nach außen leistungsfähig zu zeigen (und keine zusätzlichen Aufträge abzulehnen) versus aus Überlastung heraus nur noch 80%-Lösungen schaffen. Die Analyse solcher Polaritäten macht die Sackgasse der Dichotomie deutlich und von dort aus kann dann der Blick weg vom Schwarz-Weiß-Denken beleuchtet werden. Es wird möglich zu sehen, dass es sowohl um das Eine als auch das Andere geht und es kann erarbeitet werden, wie das möglich werden kann. So kann ein Team beschließen: „Ja, wir verfolgen den Grundsatz, Zusatzaufträge möglichst nicht abzulehnen. Und wir erlauben uns, von diesem Grundsatz abzuweichen, wenn wir unsere Grenzen der Leistungsfähigkeit überschritten haben und es deshalb wichtiger ist, unsere Leistungsfähigkeit wieder herzustellen.“ Darüber hinaus braucht es eine nachvollziehbare Beschreibung des Prozesses und klarer Kriterien, wie dies geprüft wird.

Information und Beratung

Gerne stehe ich Ihnen bei Fragen rund ums Thema resiliente Unternehmenskultur zur Verfügung.

Beat Zeller
E-Mail: B.Zeller@comteamgroup.com

Presseartikel

01-02.2016 | PERSPEKTIVEN

Schwerpunkt Mitarbeiterorientierung

Resiliente Führungskräfte brauchen resiliente Organisationen von Nicole Detambel
Resilienz steht für die Fähigkeit von Individuen und auch Systemen, herausfordernde Situationen erfolgreich zu meistern und gestärkt daraus hervorzugehen. Das bedeutet: Resilienz gibt es nicht nur auf der individuellen, sondern auch auf der kollektiven Ebene, also in Unternehmen, Bereichen und Abteilungen.

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